Annahmeverzug - wenn der Arbeitgeber keinen Lohn zahlt
Es ist einer der Klassiker im Arbeitsrecht – Ein Arbeitnehmer wird gekündigt und geht mit einer Kündigungsschutzklage gegen den Arbeitgeber vor. Der Arbeitgeber stellt die Zahlungen sofort nach Ausspruch der fristlosen Kündigung oder nach Ablauf der einschlägigen Kündigungsfrist ein, weil er an der Wirksamkeit der Kündigung festhält.
Obwohl der Arbeitnehmer das Kündigungsschutzverfahren in der 1. Instanz gewonnen hat, ist der Arbeitgeber nicht bereit, dem Arbeitnehmer das Gehalt zu zahlen, weil er behauptet, dass sich der Arbeitnehmer neben dem anderweitigen Verdienst die ersparten Aufwendungen anrechnen muss. In diesem Beitrag erläutere ich kurz und kompakt, was man unter einem Annahmeverzugslohn versteht und wie man sich als Arbeitnehmer dagegen wehren kann.
Darf der Arbeitgeber den Lohn einfach einbehalten?
Arbeitsgerichtsprozesse dauern meist monatelang an, so dass der Arbeitgeber im Falle eines erfolglos geführten Kündigungsschutzprozesses den Arbeitnehmer wiedereinstellen und ihn für seine nicht angenommene Arbeitsleistung bezahlen muss. Dies nennt man auch Annahmeverzugslohnrisiko. Schließlich bleibt dem Arbeitgeber insbesondere die Einwendung, dass der Arbeitnehmer sich anderweitigen Verdienst oder das böswillige Unterlassen anderer zumutbarer Arbeit anrechnen lassen muss. Dies konnte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bisher nur schwer nachweisen.
BAG billigt Auskunftsanspruch des Arbeitgebers
Die aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts billigt in einer Entscheidung vom 27. Mai 2020 – 5 AZR 387/19 dem Arbeitgeber einen Auskunftsanspruch zu, wonach der Arbeitnehmer angehalten wird, seine eigenen Bemühungen und die Bemühungen der Agentur für Arbeit konkret mitzuteilen. In diesem Zusammenhang kann dem Arbeitgeber bis zur Erfüllung des Auskunftsanspruchs sogar ein Leistungsverweigerungsrecht zustehen. Prozessual ist es nach der BAG-Entscheidung nicht mehr notwendig, den Auskunftsanspruch im Rahmen der Widerklage geltend zu machen.
Voraussetzungen des Annahmeverzugslohns
Arbeitnehmer – die arbeitsfähig und arbeitswillig sind - haben nur dann einen Anspruch auf Annahmeverzugslohn, wenn sie ihre Arbeitsleistung gegenüber dem Arbeitgeber im Rahmen eines gültigen und erfüllbaren Arbeitsverhältnisses angeboten haben. Lehnt der Arbeitgeber die ihm angebotene Arbeitsleistung ab, obwohl er sie hätte annehmen müssen, liegen die Voraussetzungen für den Anspruch auf Annahmeverzugslohn seitens des Arbeitnehmers vor. Rechtsgrundlage ist § 615 BGB. Arbeitnehmer, die ihre Arbeit infolge Arbeitsunfähigkeit nicht hätten erbringen können, haben keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn.
Abziehbare Einkünfte vom Annahmeverzugslohn
Erhält der Arbeitnehmer anderweitigen Zwischenverdienst oder Leistungen von einem Sozialträger (ALG I oder ALG II) werden diese Zahlungen angerechnet. Arbeitnehmer müssen darauf achten, dass ihnen nicht vorgeworfen werden kann, dass sie Sozialleistungen nicht beantragt oder keinerlei Bemühungen in Bezug auf die Aufnahme einer anderweitigen Tätigkeit entwickelt haben. Letzteres kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass Zahlungen, die der Arbeitnehmer nach § 615 S. 2 BGB ''zu erwerben böswillig unterlässt'', abgezogen werden. Gelegentlich versuchen Arbeitgeber auch, ihren gekündigten Arbeitnehmern für die Zeit des Kündigungsschutzprozesses ein befristetes Arbeitsverhältnis anzubieten, um das Annahmeverzugslohnrisiko zu minimieren.
Fazit – worauf Arbeitnehmer achten sollten
Arbeitnehmer sollten in Bezug auf eine einzulegende Kündigungsschutzklage immer beachten, dass es schlussendlich auch um den Annahmeverzugslohn als (weiteren) Streitgegenstand gehen kann. Gerade im Hinblick darauf, dass eine dem Vertrag entsprechende Arbeit zumutbar sein kann, sollte der Arbeitnehmer die von ihm verschickten Bewerbungen und tatsächlich geführten Vorstellungsgespräche lückenlos dokumentieren und immer im Blick haben, dass er bei möglichen Einwendungen des Arbeitgebers für diese Zeit insbesondere auch Vermittlungsangebote von der Agentur für Arbeit und des Jobcenters bei Einwendung des Arbeitgebers im Wege des Zahlungsanspruchs offenlegen muss, um keine Rechte zu verlieren.
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