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SCHEINSELBSTÄNDIGKEIT

Scheinselbstständig ist, wer auf vertraglicher Basis bestimmte Dienstleistungen oder Werksleistungen für ein Unternehmen als Selbstständiger oder Freiberufler tätigt, tatsächlich aber Arbeitnehmer ist. Arbeitnehmer ist regelmäßig derjenige, der wie ein abhängig Beschäftigter seine Arbeitsleistung erbringt. Die Vertragsparteien wünschen häufig ein Geschäftsverhältnis zwischen Auftraggeber und selbstständigen Auftragnehmer und gehen davon aus, dass sie rechtlich alles richtig machen. Allerdings bewerten sie den Sachverhalt oft falsch, weil es zahlreiche Kriterien gibt, die gegen eine echte Selbstständigkeit des Auftragnehmers sprechen können. Beschäftigungsverhältnisse mit Scheinselbstständigen bergen hohe rechtliche und wirtschaftliche Risiken für Arbeitgeber (Auftraggeber) und Arbeitnehmer (Auftragnehmer). Wird nachträglich die Scheinselbstständigkeit festgestellt, ist der betreffende Mitarbeiter rückwirkend sozialversicherungspflichtig und muss vom Arbeitgeber nachversichert werden. Der Zeitraum für Rückforderungen der Sozialversicherungsbeiträge an die Sozialversicherungsträger kann bei Vorsatz sogar bis zu 30 Jahren betragen und es kann schlimmstenfalls der Vorwurf des Sozialversicherungsbetrugs hinzukommen. Des Weiteren stehen dem Arbeitnehmer alle arbeitsrechtlichen Schutzrechte zu. Dazu gehören u.a. Urlaubsansprüche, Lohnfortzahlung bei Krankheit und gegebenenfalls der Kündigungsschutz. Scheinselbstständigkeit kann auch zu erheblichen steuerlichen Konsequenzen führen. So haften beispielsweise Auftraggeber und Auftragnehmer gegenüber dem Finanzamt als Gesamtschuldner für entsprechende Lohnsteuernachzahlungen. Der vermeintliche Auftragnehmer schuldet zudem die auf seinen bisherigen Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer nach §14 Abs. 2 Umsatzsteuergesetz  und muss gegebenenfalls unberechtigte Vorsteuerabzüge zurückzahlen. Da der Auftraggeber wie ein Arbeitgeber zu behandeln ist, kommt ein Vorsteuerabzug nicht in Betracht. Häufig kommt es auch zu Honorarrückforderungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, weil zuvor gezahlte Honorare in der Regel deutlich über dem Gehalt eines normalen Mitarbeiters liegen.

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Scheinselbstständige können für Unternehmer teuer werden. Wir erleben in der anwaltlichen Praxis in den letzten Jahren einen enormen Anstieg von Streitigkeiten zur Scheinselbstständigkeit. Die Deutsche Rentenversicherung überprüft Beschäftigungsverhältnisse und führt Statusfeststellungsverfahren durch, ob angeblich Selbstständige tatsächlich einer unabhängigen Tätigkeit nachgehen, oder doch eher den Arbeitnehmern zuzurechnen sind. Die 2010 gegründete Prüfstelle der Deutschen Rentenversicherung (Clearingstelle) führt laut eigenen Angaben jährlich mehr als 15.000 Statusfeststellungsverfahren durch und prüft den Status von Geschäftsführern, Freiberuflern, Selbstständigen, Subunternehmern, mitarbeitenden Familienangehörigen usw. Insbesondere für Unternehmen können die Folgen äußerst unangenehm ausfallen, sollte eine Scheinselbstständigkeit bei einem Auftragnehmer festgestellt werden. Auch bei Kontrollen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FSK) durch den Zoll, werden scheinselbstständige Beschäftigungsverhältnisse häufig aufgedeckt, ebenso wie bei Betriebsprüfungen durch das Finanzamt. Erfahrungsgemäß können wir sagen, dass es sehr häufig zu Aufdeckungen durch den scheinselbstständigen Auftragnehmer selbst kommt. Das Risiko der Aufdeckung ist für Unternehmer (Auftraggeber) dann besonders hoch, wenn Arbeitsverhältnisse z.B. durch eine Kündigung (streitig) beendet werden. Häufig wird dann von dem vermeintlich selbstständigen Auftragnehmer gegenüber dem Auftraggeber die Festanstellung eingeklagt und es kommen erhebliche Nachzahlungen bei Feststellung von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen auf den Unternehmer zu. Die Abgrenzung zwischen Scheinselbstständigkeit und selbstständiger Tätigkeit ist oftmals schwierig, denn es gibt keine gesetzliche Regelung, die für alle Fälle rechtssicher anwendbar ist. Nicht zu verwechseln mit der Scheinselbständigkeit ist der Sonderfall einer arbeitnehmerähnlichen Person. Dieser ist vom Status selbständig und rentenversicherungspflichtig, d.h. er trägt seine Beiträge zur Rentenversicherung in voller Höhe selbst. Unter arbeitnehmerähnliche Personen fallen in der Regel Personen, für die regelmäßig keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer arbeiten und die auf Dauer und im Wesentlichen ausschließlich für einen Auftraggeber tätig sind. In der Praxis wird jeder Fall einzeln betrachtet, insofern handelt es sich immer um Einzelfallentscheidungen. Die Gerichte bewerten insbesondere die Anzahl und Tragweite bestimmter Kriterien, die für eine selbstständige Tätigkeit oder eine abhängige Beschäftigung sprechen.

CHECKLISTE

LEGISPRO hat Ihnen nachfolgend einige wichtige Anhaltspunkte zusammengestellt, welche auf eine Scheinselbstständigkeit hindeuten können.

  • Zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer wird ein Arbeitsvertrag und kein Dienstvertrag oder Werkvertrag abgeschlossen.

  • Verträge werden häufig allgemein gehalten. Im Vertrag ist nicht konkret geregelt, wofür das Honorar gezahlt werden soll.

  • Die Vergütung erfolgt nach Stunden.

  • Der Auftragnehmer arbeitet nur für einen Auftraggeber.

  • Der Auftragnehmer bietet seine Dienste nicht öffentlich, betreibt keine Webseite und macht keine Eigenwerbung.

  • Der Auftragnehmer stellt dem Auftraggeber monatlich eine Rechnung.

  • Der Auftragnehmer arbeitet über einen längeren Zeitraum wie ein Vollzeitbeschäftigter und unter Umständen mit vorgegebenen Arbeitszeiten für den Auftraggeber.

  • Der Auftraggeber erteilt dem Auftragnehmer Weisungen, die dieser nach genauen Vorgaben auzuführen hat und übernimmt regelmäßig untergeordnete Routineaufgaben.

  • Der Auftraggeber zahlt Honorare auch im Krankheitsfall des Auftragnehmers.

  • Der Auftragnehmer arbeitet überwiegend in der Betriebstätte des Unternehmens oder arbeitet mit angestellten Mitarbeitern des Unternehmens zusammen.

  • Nach Außen wird der Anschein erweckt, dass der Auftragnehmer zum Betrieb des Auftraggebers gehört oder diesem zuzuordnen ist, beispielsweise durch das Tragen von Berufskleidung, die Verwendung von Firmenlogos, Visitenkarten und Emailadressen des Auftraggebers.

  • Der Auftraggeber stellt Arbeitsmittel kostenfrei zur Verfügung. Der Auftragnehmer benutzt Fahrzeuge, Werkzeuge oder Maschinen des Auftraggebers.

  • Der Auftragnehmer ist Einzelunternehmer oder Freiberufler und verfügt über keine eingetragene Gesellschaft (z.B. GmbH) oder einem Gewerbe.

  • Der Auftragnehmer war vor der Auftragsvergabe im Betrieb des Auftraggebers als Arbeitnehmer angestellt.

  • Der Auftragnehmer führt Tätigkeiten aus, die auch angestellte Mitarbeiter des Betriebs ausführen.

 

Je häufiger Sie den vorstehenden Aussagen mit JA zustimmen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Beschäftigungsverhältnis mit einem Scheinselbstständigen vorliegen könnte. Dann besteht dringender Handlungsbedarf, damit es bei einer Überprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung oder dem Finanzamt zu keinen bösen Überraschungen kommt.

In der Regel sind es mehrere Kriterien, die zur Annahme der Scheinselbstständigkeit führen können.

Neben der tatsächlichen Umsetzung und Handhabung des Beschäftigungsverhältnisses zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer schauen sich die Prüfer und Gerichte zunächst ganz genau die Vertragsgestaltung an. Fehler in der Vertragsgestaltung können eine erhebliche Auswirkung auf die Statusfeststellung haben. LEGISPRO empfiehlt, zunächst einen rechtssicheren Vertrag abzuschließen, denn bereits bei Vertragsschluss werden häufig sehr gravierende Fehler gemacht. Letztlich entscheidend ist die "gelebte Wirklichkeit", d.h. es wird darauf abgestellt, nach welchem Grad eine Abhängigkeit tatsächlich besteht. Der Aufwand und die Kosten einer rechtlichen Beratung zur Vorbeugung einer Scheinselbstständigkeit stehen in der Regel in einem guten Verhältnis zum Nutzen, weil fehlerhafte Beurteilungen zu sehr hohen Nachzahlungen führen können.

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