Weiterleitung dienstlicher E-Mails auf privatem Account zulässig?

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Viele Arbeitnehmer*innen arbeiten gerade in Zeiten von Corona im Homeoffice und sind sich nicht bewusst, dass die Weiterleitung von dienstlichen E-Mails auf den privaten E-Mail Account zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen, im schlimmsten Fall sogar zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung führen kann. Erschwerend kommt hinzu, dass dienstliche E-Mails in den meisten Fällen über das Smartphone in ein privat eingerichtetes Exchange-Postfach umgeleitet werden, ohne dass sich die Beteiligten vorher Gedanken über datenschutzrechtliche Vorschriften und andere Konsequenzen machen.

Verwendung sensibler Daten – Wenn der Arbeitgeber fristlos kündigt

Ein Fall aus der Praxis: Der Arbeitgeber sperrt ohne vorherige Ankündigung den Zugang zum dienstlichen E-Mail Account / Server und behauptet in einem Arbeitsrechtsprozess, der Arbeitnehmer habe zahlreiche Geschäftsunterlagen auf den privaten E-Mail Account versendet, die streng vertraulich zu behandeln gewesen wären. Der Arbeitnehmer habe diese angeblich unmittelbar im zeitlichen Zusammenhang mit dem Wechsel seines Arbeitsverhältnisses zu einem Wettbewerber verwendet und es wäre betrieblich nicht notwendig gewesen, dienstliche E-Mails an den privaten E-Mail-Account zu versenden und die Unterlagen zu verwenden. Der Arbeitgeber kündigt das Arbeitsverhältnis fristlos. Der Arbeitnehmer reicht Klage vor dem Arbeitsgericht ein.

Wie sehen das die Arbeitsgerichte?

Das LAG Berlin-Brandenburg hat sich bereits mit einem ähnlich gelagerten Rechtsfall beschäftigen müssen. So hat es in einem Urteil vom 16.05.2017, Az. 7 Sa38/17, entschieden, dass die fristlose Kündigung eines Vertriebsmitarbeiters gerechtfertigt sei. In diesem Einzelfall ging es um die unbefugte Weiterleitung dienstlicher E-Mails an den privaten E-Mail Account. Das Gericht stellte die Verwendung einer ungewöhnlichen hohen Vielzahl von Geschäftsunterlagen fest, die der Vertriebler nach dem Vortrag des Arbeitgebers zur Vorbereitung für seine neue Tätigkeit bei seinem neuen Arbeitgeber, einem Konkurrenten, an seinen privaten E-Mail Account weitergeleitet haben soll.

Fristlose Kündigung gerechtfertigt – ja oder nein? 

Jeder Fall ist anders, so dass die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung immer zunächst anhand des vorliegenden Sachverhalts zu prüfen sind. Liegt ein wichtiger Grund auf Seiten des Arbeitgebers vor, muss zudem die Kündigungserklärungsfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von den Pflichtverletzungen eingehalten werden. Ansonsten kann die ausgesprochene Kündigung unwirksam sein. Gelegentlich passieren schon bei Berechnung der Kündigungsfrist oder bei Zustellung der Kündigung formelle Fehler, die zu einer unwirksamen Kündigung führen können. Im vorliegenden Fall hat das LAG Berlin-Brandenburg eine erhebliche Verletzung der vertraglichen Rücksichtsnahmepflicht angenommen und entschieden, dass die fristlose Kündigung gerechtfertigt gewesen sei. Dabei hat es die betriebliche Notwendigkeit für die Weiterleitung der dienstlichen E-Mails an die private E-Mailadresse nicht gesehen und die Verwendung der Daten zum Zwecke des Vertragsabschlusses mit dem neuen Arbeitgeber als Wettbewerbsverstoß zur Entscheidungsgrundlage herangezogen. In dem vorgenannten Praxisfall haben sich die Parteien vor dem Arbeitsgericht geeinigt und einen Prozessvergleich abgeschlossen. Insbesondere hat sich der Arbeitnehmer verpflichtet, die an seinen privaten E-Mail-Account versendeten Daten des Arbeitgebers zu löschen und nicht an Dritte weiterzugeben. Der Arbeitnehmer erklärte darüber hinaus, die im Besitz befindlichen digitalen Daten weder zu vervielfältigen noch zu verwenden.

Vorsicht bei der Weiterleitung von dienstlichen E-Mails auf private E-Mail-Accounts

Arbeitnehmer*innen haben eine Loyalitätspflicht gegenüber dem Arbeitgeber. Sie benötigen das Einverständnis des Arbeitgebers, wenn sie Zugriff auf geschäftlich sensible Daten erhalten (möchten). Dies hat bereits das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom 08.05.2014, Az. 2 AZR 249/13 festgestellt. Vor allem für Arbeitnehmer ist es im Zweifel immer ratsam, eine nachweisliche Genehmigung für die Weiterleitung sensibler Daten auf private E-Mails Accounts bei ihrem Arbeitgeber einzuholen, sofern sich eine solche nicht schon aus dem zugrundeliegenden Arbeitsvertrag oder einer anderen anwendbaren Vereinbarung ergibt. Geschäftliche E-Mails enthalten für gewöhnlich sensible Daten. Eine automatische Weiterleitung, die unbewusst über das Exchange-Postfach eingerichtet wurde, schützt alleine nicht. Das Weiterleiten von dienstlichen E-Mails ist bereits eine Vervielfältigung und kann bei Hinzukommen weiterer Kriterien, wie z.B. geschäftsschädigende Interessen des Arbeitnehmers oder fehlende betriebliche Notwendigkeit (weil z.B. das Homeoffice entsprechend ausgestattet wurde) zu einer Pflichtverletzung und damit zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung durch den Arbeitgeber führen. Arbeitgeber sollten diese Problematik allein schon aus datenschutzrechtlichen Gründen und einem möglichen Verstoß gegen die DSGVO mit der Folge von empfindlichen Geldbußen klar und deutlich im Arbeitsvertrag regeln.

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Bild: Pixabay.com/geralt

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