Von Maryam Nietz auf Freitag, 27. August 2021
Kategorie: Arbeitsrecht

Homeoffice und Corona: Rückkehr zum ''alten'' Arbeitsplatz?

Seit dem 01. Juli 2021 ist die Homeoffice-Pflicht im Sinne des Infektionsschutzgesetzes zur Eindämmung der anhaltenden Corona-Pandemie weggefallen. Dennoch bleiben die gesetzlichen Vorschriften, insbesondere die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards, bestehen. Viele Unternehmen beginnen angesichts der steigenden Anzahl an Geimpften, ihre Beschäftigten wieder zurück in ihre Betriebsstätten zu holen. Doch ist das ohne Weiteres möglich? Darf der Arbeitgeber per Direktionsrecht anordnen, dass diejenigen, die bisher von zu Hause gearbeitet haben zurück an ihren ''alten'' Arbeitsplatz arbeiten müssen. Was ist mit denjenigen, die sich weigern, zurück zu kommen und keine Regelung mit ihrem Arbeitgeber vereinbart haben. Gibt es vielleicht ein Recht auf Homeoffice aus betrieblicher Übung? Auf die zunehmende Problematik der Homeoffice-Rückkehrer, die spätestens zum Ende der Corona-Pandemie auf uns zukommen wird, handelt der vorliegende Beitrag. Worauf besonders Unternehmen jetzt achten müssen und ob sich eine Abwarten der jetzigen Situation für Arbeitnehmer ''lohnt'', erfahrt ihr hier.

Rückkehr zum Arbeitsplatz - was darf der Arbeitgeber?

Grundsätzlich hat der Arbeitgeber das Recht, seine Beschäftigten - insbesondere die Einhaltung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards und anderer einschlägiger Gesetze im Betrieb vorausgesetzt - in den Betrieb zurück zu holen, wenn keine verbindliche Vereinbarung zum Homeoffice besteht und die Grundsätze des billigen Ermessen eingehalten werden. Der Arbeitgeber hat dabei die Interessen der Beschäftigten zu berücksichtigen, indem er beispielsweise nach mehrmonatiger Gewährung von Homeoffice oder mobiler Arbeit eine angemessene Zeit zur Rückkehr an den ''alten'' Arbeitsplatz und damit gewisse Vorkehrungen gewähren lässt. Andernfalls könnte die Aufforderung, (sofort) an die betrieblichen Arbeitsplätze zu kommen, unwirksam sein.

Welche Voraussetzungen gelten bei Wiederaufnahme im Betrieb? 

Arbeitgeber haben trotz Wegfall der HomeofficePflicht die weiterhin geltenden SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards und sonstigen Arbeitsschutzvorschriften einzuhalten, um ihrer arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht nachzukommen. Gegenüber Risikogruppen gelten gesteigerte Fürsorgepflichten, so dass individuelle Hygienekonzepte erarbeitet werden müssen, deren Wirksamkeit zu prüfen ist, um eine Arbeit ohne Ansteckungsrisiko zu ermöglichen.

Gibt es Risiken, wenn alles bleibt wie es ist? 

​Einfach abzuwarten und zu schauen, was passiert, ist keine gute Option. Arbeitgeber, die bisher keine Vereinbarungen zum Homeoffice oder mobilen Arbeiten mit ihren Beschäftigten geschlossen haben, riskieren, dass ein verbindlicher Anspruch auf ''Arbeiten von zu Hause'' entgegengehalten werden kann. Ein solcher Anspruch kann in der Regel nach einer gewissen Zeit nicht mehr (so einfach) rückgängig gemacht werden. Demgegenüber kann es auch vorkommen, dass Beschäftigte wieder zurück ins Büro kommen wollen, aber der ''alte'' Arbeitsplatz existiert nicht mehr. Auch das kann zu Rechtsstreitigkeiten führen, wenn keine verbindliche Regelung zum Homeoffice oder zur mobilen Arbeit vorliegt.

Rückkehr zur Büropräsenz - worauf ist zu achten?

​Die Corona-Pandemie hat viele Unternehmen zu Entscheidungen gezwungen, die zu neuen Arbeitsplätzen im Homeoffice oder in der mobilen Arbeit geführt haben. Es empfiehlt sich, sofern noch keine verbindliche Vereinbarung existiert, verbindliche Regelungen zu schaffen oder spätestens seit Wegfall der HomeofficePflicht neue Regelungen zu vereinbaren. Bestehende Vereinbarungen sollten unbedingt überprüft und ggf. an die aktuelle Rechtsprechung angepasst werden. Sofern die neu geschaffenen Arbeitsplätze in der Zukunft beibehalten werden sollen und trotzdem Präsenztage im Unternehmen erforderlich sind, empfiehlt sich ein sogenanntes Hybridmodell, welches sich besonders gut zur schrittweisen Rückkehr an den ''alten'' Arbeitsplatz eignet. Liegt keine verbindliche Vereinbarung vor, können Beschäftigte nach einer gewissen Zeit einen Anspruch auf betriebliche Übung geltend machen. Es kommt immer auf den Einzelfall an. Wichtig ist, dass sowohl Unternehmen als auch die Beschäftigten, die betroffen sind, nicht abwarten, was in der nächsten Zeit kommen wird oder erst nach der Corona-Pandemie handeln, sofern der Bedarf an Rechtssicherheit (offenbar) besteht. Bei allen zukünftigen Vereinbarungen sind zudem die gesetzlichen Vorschriften - insbesondere das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) - zu beachten. Eine ungerechtfertigte Diskriminierung kann möglicherweise vorliegen, wenn ein Unternehmen nur Geimpfte zurück an ihre betrieblichen Arbeitsplätze holt, ohne dass ein sachlicher Grund für diese Maßnahme vorliegt und bestimmte Gruppen ausgrenzt. Schließlich wird die Beteiligung eines bestehenden Betriebsrats im Unternehmen unerlässlich sein, wenn Beschäftigte im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes vom Homeoffice auf den betrieblichen Arbeitsplatz ''versetzt'' werden. Im Zweifel lohnt es sich immer einen Rechtsexperten im Arbeitsrecht um Rat zu fragen und - sofern noch nicht geschehen - eine verbindliche Vereinbarung herbeizuführen, die Rechtssicherheit schafft.

​Was in eine Homeoffice-Regelung gehört, erfahrt ihr in diesem Beitrag: Homeoffice-was gehört in eine Regelung? (Checkliste + FAQ)

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