Von Constantin Reif auf Mittwoch, 21. Dezember 2022
Kategorie: Arbeitsrecht

Urlaubsansprüche verjähren nicht, wenn Hinweis auf Mitarbeiter nicht erfolgt

Mit der Entscheidung vom 20.12.2022 (Aktenzeichen: 9 AZR 266/20) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt klargestellt, dass Urlaubstage nur dann verfallen können, wenn Beschäftigte im Vorfeld darauf aufmerksam gemacht wurden. Arbeitgeber müssen demnach ihre Beschäftigten zuvor darauf hinweisen, dass ihnen Urlaub zusteht, welcher in der Zukunft verfallen könnte. Dieses Urteil ist richtungsweisend und stärkt die Rechte von Arbeitnehmern. Gleichzeitig sollten Arbeitgeber zukünftig darauf achten, ihre Beschäftigen rechtzeitig über ihre diesbezüglichen Rechte in Kenntnis zu setzen. Es es ist davon auszugehen, dass dieses Urteil zahlreiche Klagen von Arbeitnehmern zur Folge haben wird, einige Arbeitsrechtsexperten gehen sogar von Massenklagen aus. Wenngleich Massenklagen in arbeitsrechtlichen Belangen nicht sehr häufig vorkommen, könnte dieses Urteil aber dazu führen, dass äußerst viele Arbeitnehmer nun ihre Urlaubsansprüche, welche weit in der Vergangenheit zurückliegen, gegenüber ihren Arbeitgebern oder auch ihren ehemaligen Arbeitgebern geltend machen. Die gerichtliche Pressemitteilung sagt jedoch nichts darüber, ob für einen solchen Abgeltungsanspruch, also dass Beschäftigte den früheren Arbeitgeber auf Abgeltung des nicht beanspruchten Urlaubs vergangener Jahre in Anspruch nehmen können, das Gleiche gelten soll, wie für Urlaubsansprüche.

Der Hintergrund zu diesem Urteil ist, dass eine Steuerfachangestellte aus Nordrhein-Westfalen 101 Urlaubstage über mehrere Jahre angesammelt hatte, weil sie einer hoher Arbeitsbelastung ausgesetzt war. Ihr Arbeitgeber war der Ansicht, dass diese Urlaubstage längst verfallen und auch verjährt wären. Die Betroffene hatte dagegen geklagt und hat nun vor dem BAG Recht bekommen.

Beschäftigte könnten nun Urlaub vieler Jahre wieder geltend machen, den sie bisher noch nicht genommen haben. Eine Verjährung der Urlaubstage ist laut dem Urteil allenfalls dann noch möglich, wenn der Arbeitgeber diesbezüglich seinen Beschäftigten zuvor einen Hinweis auf den Urlaub gegeben hat, welcher verfallen könnte. Arbeitgeber können sich nun nicht mehr auf die dreijährige Verjährungsfrist berufen. Ebenso wenig können Sie sich fortan auf den Verfall der Urlaubstage nach 15 Monaten berufen.

Mit dem Urteil des BAG werden nun zwingende Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) umgesetzt. Dieser hatte in diesem Jahr bereits zu prüfen, ob im europäischen Recht eine Verjährung des Urlaubsanspruchs zulässig sei, falls Arbeitgeber Beschäftigte nicht auffordern und entsprechende Hinweise geben, damit diese tatsächlich in die Lage versetzt werden, um ihre Ansprüche auf Urlaub ausüben zu können. Der EuGH kam zu dem Ergebnis, dass Urlaub weder verjähren noch bei längerer Krankheit verfallen kann, falls Arbeitgeber ihrer Pflicht zur Aufklärung nicht nachgekommen. Mit der gestrigen Entscheidung hat sich das BAG nun der Rechtsprechung des EuGH angeschlossen. Somit wird das nationale Recht nun auch in Bezug auf Verjährung und Verfall von Urlaub vom europäischen Recht wesentlich beeinflusst.

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